Jacqueline Roussety – Wenn das der Führer sähe…

178990Von der Hitler-Jugend in Filbingers Fänge

Ein Deutsch-Schlesisches Kriegsdrama
DokuRoman erschienen im Acabus Verlag

Lesung mit Jacqueline Roussety und anschließender Diskussion

1. September 2016, 17:30 – 20:00 Uhr

DGB-Haus, Keithstraße 1-3, 10787 Berlin
Wilhelm-Leuschner-Saal
Sie sind herzlich eingeladen. Der Eintritt ist frei!


Die Veranstaltung wird vom DGB Region Berlin Autorenfoto JRin Kooperation mit dem ver.di Landesbezirk Berlin-Brandenburg, ARBEIT UND LEBEN – DGB/VHS Berlin-Bran-denburg und der :Büchergilde – Buchhandlung am Wittenbergplatz durchgeführt.

Die aktuellen Flüchtlingszahlen 2016 sprechen für sich: Nach Angaben der UNO-Flüchtlingshilfe UNHCR sind derzeit fast 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Darunter immer mehr Kinder, oft untergebracht in Flüchtlingslagern mit katastrophalen Zuständen. Etwas mehr als eine Millionen Geflüchtete wurden 2015 in Deutschland aufgenommen.

Damit steht die viel diskutierte Krise direkt vor unserer Haustür, und doch kommen uns diese Zahlen oft abstrakt und die Schicksale dahinter fremd vor; unvorstellbar, wie diese Menschen sich fühlen und welche Nöte sie haben.

Dabei müsste gerade uns in Deutschland dies leicht fallen, da viele Deutsche diese Situation vor erst rund 70 Jahren selbst erlebt haben, viele unserer Großeltern und teils auch Eltern. Warum ist für uns heute die Situation der Geflüchteten und Vertriebenen während, auf und nach der Flucht trotzdem oft nicht richtig greifbar, obwohl doch vielen deutschen Familien Ähnliches widerfuhr?

Dies mag zum einen daran liegen, dass z.B. unsere Großeltern nie oder nur wenig über die damaligen Erlebnisse sprachen, zum anderen, dass die meisten Zeitzeugen mittlerweile verstorben sind. So geraten wichtige Erfahrungen in Vergessenheit. Umso wichtiger ist es, die Erinnerungen der Zeitzeugen von Flucht, Vertreibung und Ungerechtigkeiten zu bewahren und weiterzugeben.

Dieser Aufgabe hat sich die Berliner Journalistin und Autorin Jacqueline Roussety mit ihrem neuen Buch „Wenn das der Führer sähe …“ gestellt. Sie führte lange Gespräche mit der aus Schlesien stammenden Familie Gröger. Besonders die Erinnerungen Johanna Grögers bilden ein Tableau der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts: von der unbeschwerten, ländlich geprägten Kindheit in Schlesien, über die Instrumentalisierung und faschistischen Verformung der Jugend während des Nazi‐Regimes bis hin zur Flucht vor Krieg und Verfolgung und dem nicht leichteren Leben einer zerrissenen Familie in einer neuen, fremden Heimat. Der älteste Sohn Walter Gröger war tot, erschossen noch kurz vor Kriegsende wegen angeblicher Fahnenflucht, der Vater chronisch krank durch Kriegsgefangenschaft, zwei Schwestern in Westdeutschland, die Mutter und die jüngste, von der Flucht schwer gezeichnete, Schwester in der DDR.

Vor rund zehn Jahren begegneten sich die beiden Frauen zum ersten Mal: Johanna Gröger aus Schlesien und Jacqueline Roussety aus Berlin. Aus einer Begegnung wurden unzählige Gespräche – über viele Monate hinweg. Johanna Gröger faszinierte – und das auf eigenartige Weise. Noch mit über 80 Jahren wollte und musste sie unermüdlich dem „national neu erwachten Deutschland“ die Geschichte vom ungerechten Tod ihres Bruders erzählen. Eben diese persönliche Geschichte hatte Jacqueline Roussety berührt. Es erfüllte sie mit Respekt, „wie diese alte Frau um die Würde ihres Bruders kämpfte, der, wie sich im Nachhinein herausstellte, in diesem apokalyptischen Krieg einen sinnlosen Tod sterben musste. Ein Schicksal, das viele andere Soldaten, aber auch Männer in Zivil, Frauen und Kinder erlitten.“

Walter Gröger: ein Schicksal so beispielhaft.

Walter Gröger wurde 1945 im März hingerichtet – so viel stand fest. Auch, dass für seinen Tod Dr. Hans Karl Filbinger mit verantwortlich war. Rolf Hochhuth deckte bei seinen Recherchen zu seiner Erzählung Eine Liebe in Deutschland  auf, dass Filbinger als Richter der Kriegsmarine 1945 Todesurteile gegen Deserteure gefällt hatte. Filbinger trat 1978 als Ministerpräsident Baden-Württembergs zurück.

Wer war dieser Walter Gröger, der nur 22 Jahre alt wurde, der eine Vergangenheit hatte, aber keine Zukunft bekam. Das Bild von Walter Gröger lässt Roussety nicht mehr los. Seite um Seite trug sie Recherchen zusammen. Zehn Jahre lang sammelte sie Hunderte von Kopien, Zeitungsausschnitten und Interviews.

Jacqueline Roussety arbeitet als Schriftstellerin und Moderatorin für viele internationale Themen und Bereiche.

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